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»Beginne
Aufzeichnung«, wies Yasmine Wilson ihr
Memopad an, welches neben ihr lag, während
sie sich in den Raumanzug zwängte. Ein
Klicken signalisierte, dass der Verschluss verriegelt
war.
»Basis Neumond, 27ster April 2061, 11:23
Uhr. McLeod rief mich gerade an, ich solle mir
eine Grabungsstelle ansehen.«
Sie setzte den Helm auf, ergriff das Pad und
stieg aus der Umkleide. Nur wenige Schritte
entfernt befand sich die Transportkabine, die
sie einige Kilometer weiter in den Bergbaukomplex
der Kolonie bringen sollte.
Während der Fahrt schloss sie den Helm,
prüfte den Druck und blickte auf das blau
leuchtende Display ihres Pads: »Eine der
Maschinen ist im neuen Tunnel auf eine Art Wand
gestoßen.«
Wenige Minuten später stieg sie aus und
verließ den mit den neuen Gravoplatten
ausgelegten Bereich. Ein sonderbares Gefühl,
von einem Schritt zum anderen auf ein Sechstel
seines Gewichts reduziert zu werden. Als würde
man in Götterspeise treten, das jedenfalls
war ihr erster Gedanke.
Sie griff einen der Gewichtsgürtel, der
direkt neben der Tür hing, und ging weiter.
Der Tunnel tief unter der Mondoberfläche
war hier bereits mit einer reißfesten
Planenröhre abgesichert und durch Metallringe
gestützt. Wilson bog um eine Sammelmaschine,
ein sechsrädriges Ungetüm zwischen
einem Bohrer und einer Raupe. Die Spitze, die
sich direkt in das Mondgestein bohrte und das
Gestein aufnahm, war vollkommen zerstört.
Zwei der Arbeiter waren gerade dabei, an dem
Gefährt zu retten, was noch zu retten ist.
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»Mac?«, rief sie McLeod zu,
der im Tunnel stand und mürrisch von seinem Memopad
aufblickte. Er nickte knapp und deutete auf eine Metallplatte:
»Das ist es.« Er grunzte und überschlug
erneut eine Rechnung in seinem kleinen Computer.
Wilson blickte auf die silbrig-graue Platte und näherte
sich dem Fund.
»Wenn ich das Teil mitverarbeiten darf, erfülle
ich meine Quote um fünfhundert Prozent. Das bringt
die Kosten für unseren Wurm wieder rein.«
Er deutete mit seinem bärtigen Kinn auf die Maschine
am Tunnelende.
»Erst müssen wir wissen, was das ist. Auch
wenn es nur Weltraumschrott ist, irgendwem wird es gehören.
Wie wurde es entdeckt?«
McLeod seufzte: »Die Scanner stießen auf eine
ungewöhnlich hohe Konzentration an Metallen. Als
der Wurm sich hier durchfraß, gab's nen mächtigen
Knall.«
»Haben Sie die Erde schon informiert?«
»Noch nicht«, brummte er.
»Gut«, sagte sie. »Ich übernehme
das, solange bleibt das unter uns.«
McLeod grummelte bei dem Gedanken, trotz der Unabhängigkeit
über jede Kleinigkeit der Erde wieder Rede und Antwort
stehen zu müssen.
Es war wie vor siebzehn Jahren. Damals, 2043, beschlossen
die vier größten Nationen der Erde, ein seit
Jahrzehnten geplantes Projekt zu realisieren. Unter der
Führung der EU, einem jungen aber starken Land, welches
einige Jahre zuvor noch aus etlichen kleineren Staaten
bestand, gründeten Russland, China und die USA zusammen
mit dem neuen Weltmarktführer das Projekt »Neumond«.
Die erste Kolonie auf dem Erdtrabanten, welche mit neuester
Technologie ausgestattet war, um das dauerhafte Leben
auf dem Himmelskörper zu ermöglichen.
Nur zwei Jahre nach dem ersten Shuttlestart war auf der
Linie zur Rückseite des Mondes eine sich innerlich
drehende Wohnkuppel für mehr als vierzig Menschen
errichtet worden, welche so einen künstlichen Tag-und-Nacht-Wechsel
erzeugte und sogar Zivilisten anlockte, die auf dem Mond
ihre neue Heimat fanden.
Als Zweites wurde auf dem Mond eine Art kleiner Weltraumbahnhof
errichtet, der bis zu vier Shuttles gleichzeitig andocken
lassen konnte. Vorzugsweise natürlich für jeden
Investor eines.
Der Andockschleuse folgte eine Solaranlage sowie eine
Signalstation, doch der eigentliche Zweck dieser Kolonie
war der wirtschaftliche Nutzen des Bergbaus.
Und damit fingen die Probleme an; Rechenschaft waren die
Kolonisten nur der Kommission unter der Führung der
EU schuldig, doch heute übernahm diese Position die
Regierung der USA.
Vor sieben Jahren wurde auf der Kolonie ein einzigartiges
Gesetz erlassen: Alle Kolonisten und Besucher haben für
den Aufenthalt auf dem Mond keine Nationalität. Als
im Jahr 2053 der Krieg zwischen Russland und China begann
und damit die Vereinten Nationen sich nach weniger als
zwanzig Jahren gemeinsamer Arbeit wieder auflösten,
erhob jeder Teilhaber seinen vollen Anspruch auf Neumond.
Doch die Kolonie entschied völlig eigensinnig: Geschlossen
legten die Bewohner ihre Nationalitäten ab, und unter
dem Motto Wir sind Menschen setzten sie die
Arbeit fort.
Es waren Russland und China, welche ungewöhnlich
schnell der Forderung nach Unabhängigkeit stattgaben,
was damit zu tun haben mochte, dass beide Staaten gerade
sehr viel dringlichere Probleme hatten und die Rohstoffe
benötigten. Auch hatte die EU kurz darauf akzeptiert,
nur die USA weigerten sich bis heute. Statt dessen errichteten
sie hier eine Botschaft, die wie die Priester auf alten
Segelschiffen alles akribisch beobachteten.
»Graben wir es aus«, beschloss Wilson, während
sie Notizen in ihr Memopad eingab.
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